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Coating statt Plastik? Schutzmantel für Obst und Gemüse |
Stand: 02/24/2022 |
Aufmerksame Verbraucher:innen entdecken in einzelnen Obst- und Gemüsefrischetheken von Supermärkten kleine Aufkleber mit dem Hinweis „Apeel“ auf Früchten wie Avocados, Zitrusfrüchten oder Mangos. Was ist Apeel? Und worum geht’s? Das Apeel-Verfahren wurde von der US-amerikanischen Firma Apeel Sciences entwickelt. Hierbei wird eine hauchdünne Schicht essbarer Materialien pflanzlichen Ursprungs auf die Früchte aufgetragen. Diese Überzugsmittel bestehen aus Mono- und Diglyceriden, die aus Pressrückständen der Wein- und Saftbereitung gewonnen werden. Man spricht von Coating, frei übersetzt mit „Ummantelung“. Coating soll die Haltbarkeit und Transportstabilität der empfindlichen Früchte verbessern. Der Überzug kann Wasserverdunstung, Gasaustausch und Oxidationsvorgänge reduzieren und Reifungsprozesse verlangsamen. In der EU sind zwei verschiedene Substanzen als Coating zugelassen: Mono- und Diglyceride dürfen als Überzugsmittel (E 471) seit Mai 2019 für Früchte verwendet werden, deren Schale nicht mitverzehrt wird wie Ananas, Bananen, Granatapfel, Mangos, Melonen, Papayas, Zitrusfrüchte und Avocados. Zulassungsanträge für weitere Früchte, u.a. zur Oberflächenbehandlung von Erdbeeren, Gurken, Paprika, Tomaten – bereits gängige Praxis in den USA – sollen in Vorbereitung sein. Außerdem sind Überzugsmittel auf der Basis von Zucker und pflanzlichen Ölen (Zuckerester von Speisefettsäuren, E 473) in der EU zugelassen. E 473 darf zur Oberflächenbehandlung von frischen Früchten verwendet werden. Ein Beispiel ist „Semperfresh“ von der britischen Firma AgriCoat NatureSeal, dessen Rohstoffe der Literatur zufolge aus zertifiziertem Palmölen (nach RSPO, „Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl“), Sonnenblumenölen und Zucker aus Zuckerrohr stammen. Die Firma Liquidseal aus den Niederlanden bietet Überzüge auf der Basis von Polyvinylalkoholen (vergleichbar E 471). In der Schweiz forscht die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) im Auftrag von Lidl Schweiz an einem Überzug auf Cellulosebasis, gewonnen aus Trester. Das Produkt durchläuft zurzeit eine zweijährige Testphase. Coating kann die Haltbarkeit von frischen Früchten verlängern und Lebensmittelverschwendung reduzieren. Im Rahmen der Nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung entstanden Kooperationen zwischen großen Handelsketten wie Edeka mit Apeel Sciences oder Rewe mit AgriCoat NatureSeal. 2020 wurden in einer großen Zahl an Rewe- und Pennymärkten bzw. Edeka-, Netto- und Marktkaufmärkten die Verfahren getestet. Während Rewe das Coating eingestellt hat, da sich die Erwartungen auf längere Haltbarkeit nicht erfüllt hätten, bietet Edeka die Produkte heute bundesweit an. Frühere Verluste bei Avocados hätten sich halbiert. (Marktcheck 21.12.2021) Durch die Anwendung des Apeel-Verfahrens könnten pro LKW-Ladung 3200 Avocados gerettet werden, die ansonsten verderben würden. Das entspräche einer Einsparung von 840.000 Litern Wasser und 80 Kilogramm an Treibhausgasen. (Grüneberg 2021) Seit 2. Juni 2021 müssen alle wachsartigen Überzugsmittel einschließlich der Coating-Überzüge bei frischem Obst und Gemüse durch den Hinweis „gewachst“ kenntlich gemacht werden. Betroffen sind die Zusatzstoffe E 445 (Glycerinester aus Wurzelharz), E 471, E 473, E 474 (Zuckerglyceride) sowie E 901 bis E 905 und E 914 (verschiedene Wachse). Alternativ kann auch der Klassenname („Überzugsmittel“) in Verbindung mit der Bezeichnung oder der E-Nummer genannt werden. Zuvor war die Kennzeichnung loser Ware beschränkt auf eine Oberflächenbehandlung frischer Zitrusfrüchte, Melonen, Äpfel und Birnen mit Wachsen (E 901-E 905, E 912 und E 914). Die Oberfläche von frischem Obst und Gemüse aus ökologischem Anbau darf nicht behandelt werden. Fazit Die Coating-Überzüge sind farblos, geschmacklos, geruchlos und leicht abwaschbar. Sie gelten gesundheitlich als unbedenklich. Coating schützt Früchte und kann Verpackungsmaterialien sparen. Allerdings werden die Verfahren zurzeit eher bei subtropischen und tropischen Obstarten angewandt, die meist unverpackt zu uns kommen wie Avocado, Mangos u.ä. Coating verlängert die Haltbarkeit und kann – als eine von vielen Maßnahmen – helfen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Das ist vor allem interessant bei Früchten, die lange Transportwege zurücklegen. Eventuell können Früchte auch näher dem optimalen Reifezeitpunkt geerntet werden, ohne auf dem Weg zu Verbrauchern zu verderben. Geschmacklich durchaus als Vorteil zu werten. Verbraucherschützer kritisieren, dass die Produkte frischer erscheinen als sie tatsächlich sind. Offen ist, inwieweit sich die längere Lagerung auf die Gehalte an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen auswirken. Eine Kennzeichnung ist vorgeschrieben, wird in der Praxis jedoch nicht befriedigend umgesetzt. Die Forschung geht weiter, neue Verfahren und neue Stoffe werden kommen. Umso wichtiger, dass Verbraucher:innen informiert sind über die Frische ihrer frischen Früchte im Einkaufskorb. Quellen und weiterführende Informationen
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