Weinbeschreibungen – Weniger ist oft mehr (Teil 2)



Im ersten Teil hat die Autorin die Einteilung der Kunden nach ihren Eigenschaften und Motivationen beschrieben. Im zweiten Teil geht sie darauf ein, wie mit den unterschiedlichen Kundengruppen kommuniziert werden sollte.

Der „Grüne“ Kunde und seine Weine (siehe Abb. 1)

Eigenschaften:

- legt Wert auf Essen und Trinken
- legt Wert auf gastfreundliche Rituale
- Hang zu Komfort und Bequemlichkeit

Vergangenheitsorientiert:

- lässt sich von Erfahrungen bestimmen
- meidet radikale Veränderungen
- liebt Traditionen
- hängt an Erinnerungen
- ist skeptisch gegenüber Neuem und Unerprobtem

Kontakt:

- Kontakt zu Menschen ist wichtig
- Vereins liebend
- beliebt bei Kollegen, Freunden etc.

Eigener Raum:

- liebt reservierte Parkplätze

Diese Kunden trauern dem „alten“ Etikett nach und sind von einer neuen Flaschenausstattung extrem verunsichert. An neue Rebsorten trauen sie sich nicht von alleine. Die Weinansprache sollte einfach, ohne technische Details sein. Oft fragen „Grüne Kunden“: „Haben Sie auch einen halbtrockenen Müller-Thurgau?“ und blättern später in der Preisliste.

Der „Rote“ Kunde und seine Weine (siehe Abb. 2)

Eigenschaften:

- klare Positionierung (positiv-negativ, richtig-schlecht)
- emotionsgeladen, spontan
- zwischen Angst + Aggression, Angriff + Flucht

Gegenwartsorientiert:

- reagieren spontan und unmittelbar im Hier und Jetzt ohne lange Überlegungen
- nicht sehr geduldig
- entschlussfreudig
- probieren gerne Neues aus

Dominanz:

- starke, natürliche Autorität
- starken Willen
- geradlinig, kompromisslos

Status:

- sie möchten, dass man ihren Status (an)erkennt (Autos, Kleidung, Schmuck etc.)
- lieben Auszeichnungen

Diesen Kunden präsentiert man am besten die Neuheiten. Die Weinansprache sollte nicht zu langatmig sein oder mit technischen Detail voll gepackt. Neuheiten wie beispielsweise ein „sur-lie-Wein“ sollten so vorgestellt werden. Ist der Begriff für den Käufer unbekannt, wird er sofort nachfragen.

Oft werfen „Rote Kunden“ zu Beginn kurz einen Blick in die Weinkarte und sagen dann: „Ich hätte gerne den 2005er Chardonnay trocken.“ Im weiteren Verlauf der Weinprobe schauen sie immer wieder in die Weinkarte.

Der „blaue“ Kunde und seine Weine (siehe Abb. 3)

Eigenschaften:

- frei von Instinkten und Emotionen
- erfassen schnell das Wesentliche
- überblicken rasch Zusammenhänge

Zukunfts sorientiert:

- tun kaum etwas ohne genaue Planung
- prüfen seriös alle Möglichkeiten
- tun sich schwer bei Entscheidungen

Distanz:

- Abgrenzung zu anderen
- im Kontakt zu Fremden zurückhaltend
- zeigen ihre Gefühle nicht nach außen

Blaue Kunden interessieren sich für die Feinheiten der Weinherstellung. Bei technischen Neuerungen des Betriebs fragen sie meist detailliert nach. Sie brauchen viel Zeit bei der Weinberatung.
Oft studieren „Blaue Kunden“ am Anfang ausführlich die Preisliste und sagen dann: „Ich möchte gerne die Nummer sechs probieren.“

Die kundenorientierte Weinansprache

Auf Basis des Structograms® sollte auch die Weinansprache erfolgen. Dies erfordert vom Verkaufspersonal eine hohe sprachliche Flexibilität. Wenn der Kunde genau das hört, was ihn interessiert, so wird er mehr kaufen und öfter wiederkommen. Der Kunde hat das Gefühl, dass er ganz verstanden wird. Er baut eine emotionale Kundenbeziehung zu „seinem“ Weingut auf. Denn nur Kunden, die diese emotionale Beziehung haben, kommen wieder. Nur „zufriedene“ oder „sehr zufriedene“ Kunden können trotzdem untreu werden. Beim nächsten Konkurrenzangebot sind die Käufer weg.

Abgestimmt auf die unterschiedlichen „Gehirntypen“ könnte eine Weinansprache desselben Weins so ausfallen:

Grüne Kunden:
„Dieser fruchtige Riesling mit seiner moderaten Säure ist sehr magenschonend. Er passt sowohl zu einem warmen Essen als auch in einer geselligen Runde.“

Rote Kunden:
„Dieser elegante Riesling vom Jahrgang 2006 ist ganz neu. Er kann vorzüglich zu feinen Gemüsegerichten gereicht werden. Oder laden Sie mal Ihre Freunde ein und servieren diesen Riesling zusammen mit einer Entenbrust mit mexikanischer Schokosauce. Die Anerkennung ist Ihnen sicher.“

Blaue Kunden:
„Dieser junge Riesling Spätlese trocken, Oppenheimer Herrenberg aus dem Jahrgang 2006 hat 12,5 % vol. Alkohol, 4 g/l natürliche Restsüße bei moderaten 7, 3 g/l Säure. Der Oppenheimer Herrenberg ist eine unserer Spitzenlagen. Der Boden besteht aus Kalk-Mergel und verleiht dem Riesling dadurch eine wunderschöne Fruchtaromatik nach Pfirsich, reifen Äpfeln mit einem Hauch von Zitronenblüten.“

Fazit

Es sind die Emotionen, die dafür sorgen, dass Kunden wiederkommen. Und Emotionen können nur dann aufgebaut werden, wenn die Kunden sich verstanden fühlen. Wenn Winzer und Kunde die gleiche Sprache sprechen. Je mehr sich der Winzer auf den Kunden einstellt, desto eher gelingt dies. Die unterschiedlichen Kundentypen erfordern allerdings ein hohes Maß an sprachlicher Flexibilität.
Ein Hilfsmittel, sich in die sprachliche Gefühlswelt des Kunden einzudenken, ist eine Typisierung nach Rolf W. Schirm. Sie hilft dabei, nur das zu sagen, was der Kunde hören will.


Quellenangaben
  • Harry Holzheu: „Wer nicht lächeln kann, macht kein Geschäft“, Frankfurt, Ueberreuter-Verlag, 1998
  • Christian Schober: „Verkauf verleiht Flügel, Mehr Erfolg im Service durch optimale Gästebetreuung“, Frankfurt, Deutscher Fachverlag, 2002
  • www.structogram.ch
  • www.forum-mainz.de/index.php?article_id=99&clang=0


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