Die Brötchenqualität beginnt auf dem Feld

1. 150.000 Brötchen “wachsen” auf einem Weizenfeld von 1 Hektar Größe
In der Eifel werden pro Hektar (ha) selten mehr als 70 Dezitonnen (dt) Weizen geerntet; 1999 waren es durchschnittlich knapp 60 dt/ha. Von Erträgen über 100 dt/ha, wie sie auf sehr guten Böden West-, Nord- und Ostdeutschlands regelmäßig erreicht werden, sind wir also weit entfernt. Die Gründe dafür liegen in den ungünstigeren klima- und bodenbedingten Produktionsgrundlagen. Nasse und trockene Jahre bzw. Vegetationszeiten wechseln sich häufig ab. Die Böden sind oft flachgründig, staunass oder besonders tonreich und damit schwer zu bearbeiten und damit weniger fruchtbar. Außerdem sind die meisten Flächen mehr oder weniger hängig.
Aus 1 dt (100kg) Backweizen werden in der Mühle 75 kg Mehl sowie 25 kg Kleie, Grieskleie und Nachmehl. (Die letztgenannten Bestandteile wandern überwiegend als sogenanntes Kraftfutter in den Tiertrog). Die 75 kg Mehl (aus den 100 kg Weizen) reichen aus für die Produktion von rund 2100 Brötchen. Bei einem Ertrag von 70 dt/ha ergibt das 70 x 2100 Brötchen, also rund 150.000 Stück. In einem Brötchen steckt Weizen im Warenwert von nur rund 1 Pfennig (ca. 0,5 Cent). Bei einem angenommenen Preis von 25,00 DM/dt (rund 12,50 EUR/dt) Weizen.

2. Woher kommt der Weizen, aus Australien, USA, Frankreich, Deutschland oder gar aus der Eifel?
Der Verbraucher entscheidet mit, welchen Weizen er als Brot verzehren möchte: den aus der Eifel oder den aus den anonymen Regionen irgendwo in der Welt. Fragen Sie doch dazu bei Ihrem Bäcker nach. Aber Halt: Es soll noch Bäcker geben, die davon überzeugt sind, dass ein guter Backweizen aus Übersee stammen muss, da hiesiger Weizen schlechte Backeigenschaften besitze. Irrtum! In der Eifel wachsen hervorragende Weizenqualitäten, weil es Bauern gibt, die die Kunst der Qualitätsproduktion beherrschen. Diese Qualitäten sind außerhalb der Region bekannt: Eifeler Qualitätsweizen könnte “in jeder Menge” an die rheinischen Mühlen geliefert werden. Manche Vorurteile sind langlebig. Überdauern auch schon mal mehr als nur eine Generation. Wer “Eifelähre”-Brot und Brötchen kauft, kann sicher sein, dass das verwendete Mehl vom Weizen der Bauern aus der Eifel stammt.

Eifelähre ist ein Zusammenschluss von Bauern der Mühle Zahnen und Bäckern aus der Eifelregion zur regionalen Produktion und Vermarktung von Backerzeugnissen unter dem gleichnamigen Gütezeichen “Eifelähre”.

Ziele von Eifelähre sind z. B.
  1. die Einsparung von Transportkosten durch die Produktion von Weizen und Roggen in der hiesigen Region. Dabei soll ein größerer Teil der eingesparten Kosten an die Bauern weitergegeben werden, als zusätzlichem Anreiz an diesem Programm teilzunehmen
  2. der Abau von Qualitätsweizen und -roggen unter kontrollierten Bedingungen
  3. Transparenz der Produktion für den Verbraucher.

Qualität beschränkt sich hier aber nicht nur auf die Backqualität, wenngleich sie im Vordergrund steht. Es wird zusätzlich auch darauf geachtet, dass weitgehend gesunde Weizensorten angebaut werden, das bedeutet, dass die Sorten möglichst gut resistent gegen die verschiedensten Pilzkrankheiten sind.
Welche Sorten sich als anbauwürdig erweisen, ermittelt das staatliche Versuchswesen: Qualität und Ertrag müssen stimmen. Die Teilnehmer am Projekt Eifelähre (Bauern, Mühlen, Bäckereien) verpflichten sich, für den Verbraucher alles offen zu legen: Transparenz nennt man das. Und kontrolliert wird das durch eine neutrale Kontrollinstitution.

3. Transparenz vom Acker bis zur Ladentheke des Bäckers
Wenn alles offen gelegt wird, gibt es bekanntlich keine Geheimnisse. Auf unsere Brötchen bezogen heißt das, dass alle Maßnahmen und eingesetzten Materialien für jeden nachvollziehbar offen gelegt werden. Die Bauern führen eine sogenannte Schlagkartei. Dabei versteht man unter Schlag eine bewirtschaftete Parzelle, die sehr unterschiedlich groß sein kann. In diese Schlagkartei (das ist heute meist eine elektronische Schlagkartei – Computer) wird eingetragen, was, wann auf dem Schlag – also auf einem bestimmten Feld - passiert ist:
  • wann wurde die Parzelle gepflügt,
  • das Saatbett bereitet, gesät,
  • welche Art und welche Sorte wurde verwendet,
  • welche Frucht stand im Vorjahr auf der Parzelle,
  • wann wurde was und wie viel gedüngt,
  • wurde gezielt eine Qualitätsdüngung durchgeführt, z.B. für Weizen,
  • welche Unkrautbekämpfungsmaßnahme wurde durchgeführt, mechanisch oder chemisch; wenn chemisch, mit welchem Mittel gegen welche Unkräuter, wie hoch war die Aufwandmenge, in welchem Entwicklungsstadium des Getreides und der Unkräuter, wie war die Wirkung,
  • war eine Bekämpfung von Pilzkrankheiten erforderlich oder nicht, wenn ja, gegen welche Pilze mit welchem Mittel, Aufwandmenge, Zeitpunkt,
  • war das Getreide standfest oder ging es ins Lager (Zeitangabe),
  • wann ist geerntet worden, wie hoch lag der Ertrag
  • welche Qualität z. B. Backqualität wurde erreicht, wie sehen die Qualitätsparameter aus? usw.

Der interessierte Verbraucher kann so alles erfahren was ihn interessiert: was passiert in der Bäckerei, woher kommt das Mehl, was spielt sich in der Mühle ab, woher hat die Mühle den Weizen bezogen, wie haben die Bauern den Weizen produziert, warum wurde beispielsweise der Weizen mit den in der Schlagkartei aufgeführten Mengen gedüngt? Oder, warum wird überhaupt gedüngt?

4. Backweizen?! Futterweizen?! Was unterscheidet sie voneinander?
Äußerlich nichts, innerlich nichts, ernährungsphysiologisch gibt es auch keine Unterschiede, da die Nährstoffzusammensetzung praktisch gleich ist. Es sind nur die Backeigenschaften, die sehr unterschiedlich sind. Die sind in erster Linie sortenbedingt. Klassische Futterweizensorten eignen sich nicht für Backzwecke.
So werden die verschiedenen Weizensorten je nach Backeigenschaft unterschiedlichen Qualitätsgruppen oder Sortimenten zugeordnet. Hier wird unterschieden in E-Sorten, A-Sorten, B-Sorten und C-Sorten (außerdem gibt es noch eine K-Gruppe, es ist der Weizen für die Herstellung von Keks).
E” bedeutet Eliteweizen, es ist das Spitzensortiment des Backweizens.
A” stand früher für Aufmischweizen, heute für Qualitätsweizen. Das bedeutet, er kann durch Zumischung zum B-Weizen die Backeigenschaften verbessern.
B” ist der Brotweizen und häufig die Grundlage für Brot- und Brötchenproduktion, heute wird er meist mit A-Weizen aufgemischt.
“C”-Weizen eignet sich nicht für Backzwecke und gilt daher als reiner Futterweizen.

5. Die höchste Backqualität ist auch an die Eiweißmenge im Weizenkorn gebunden
Backqualität ist in erster Linie eine Frage der Sorte: es gibt Weizensorten mit hervorragenden, guten, mäßigen und schlechten Backeigenschaften (die letztgenannten sind Futterweizensorten). Andererseits wird die Backqualität innerhalb einer Sorte mit steigenden Eiweißgehalten verbessert. Sehr guter Qualitätsweizen hat einen Eiweißgehalt von mindestens 14,5 % in der Trockenmasse. In jeder Dezitonne solchen Weizens sind ca. 2,2 kg Stickstoff (N) 0,8 kg Phosphat (P205) und 0,6 kg Kali (K2O) enthalten. Diese mit dem Erntegut vom Feld gefahrene Nährstoffmenge soll dem Weizen durch die Düngungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus enthält auch das Stroh und der ganze Wurzelapparat noch Nährstoffe; sie werden für das Pflanzenwachstum gebraucht. Bei einer Erntemenge von 70 dt/ha Weizenkorn werden also allein durch dieses Ernteprodukt Korn pro Hektar 154 kg Stickstoff, 56 kg Phosphat und 42 kg Kali dem Feld entzogen und mit dem Verkauf des Weizens aus dem Betrieb “exportiert”. Unvermeidbare Nährstoffverluste kommen noch hinzu, so dass die Düngung immer höher liegen muss als der reine Entzug durch die Pflanzen – in diesem Beispiel durch die Weizenpflanzen -.
Für Landwirte, die am Förderprogramm umweltschonende Landbewirtschaftung (FUL) (Acker-FUL) teilnehmen, stellt sich die Situation anders dar. Sie können nur eine begrenzte Menge an Stickstoff düngen, um die Lagegefahr zu verringern, denn sie dürfen keine Halmverstärkungsmittel einsetzen. Somit werden die angestrebten Eiweißgehalte von mindestens 14,5 % kaum einmal erreicht, d.h. Spitzenbackqualitäten wie sie im konventionellen Landbau im A-Weizen-Sortiment regelmäßig erreicht werden gibt es kaum einmal. Da das E-Weizen-Sortiment weniger ertragreich ist als das A-Weizen-Sortiment, weichen FUL-Betriebe häufig auf die E-Sorten aus. Bei gleicher Stickstoffmenge liegen die Eiweißgehalte bei den ertragsschwächeren E-Sorten höher.
FUL schließt hohe Backqualität also nicht in jedem Fall aus.


    www.DLR-Eifel.rlp.de