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Was können die neuen Enzyme – Wunsch oder Wirklichkeit? |
Vortrag von Herrn Ulrich Hamm , DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, anläßlich der 53. Kreuznacher Wintertagung 2009 In der belebten Natur laufen unzählige verschiedne chemische Reaktionen ab, die bis auf wenige Ausnahmen, alle von hochwirksamen Biokatalysatoren (Enzymen) beschleunigt oder gesteuert werden. Allein bei der Vergärung von Traubenzucker (Glucose) zu Alkohol (Ethanol) sind zwölf verschiedene Enzyme beteiligt, welches jedes für sich nur eine einzige Stoffumwandlung beeinflusst. In ihrer Gesamtheit jedoch steuern diese zwölf Enzyme die alkoholische Gärung. Durch das Fehlen eines einzigen Enzyms würde die Gärung entweder überhaupt nicht oder nur äußerst unvollständig verlaufen. Dies beruht darauf, dass Enzyme sehr spezifisch in Bezug auf die katalysierte Reaktion (Wirkungsspezifität) und die Art der umgesetzten Verbindungen (Substratspezifität) wirken. Ein wichtiger Faktor für die katalytische Wirkung eines Enzyms (Enzymaktivität), ist die Konzentration des Substrates, welches über die Umsatzgeschwindigkeit mitentscheidet. Bis zu einem gewissen Grad (Sättigung des Enzyms) lässt sich die Umsatzrate durch die Steigerung der Substratkonzentration beschleunigen. Dies widerlegt demzufolge die landläufig verbreitete Meinung, dass eine höhere Enzymdosierung automatisch eine schnellere Reaktion zur Folge hat. Die Konzentration des Substrates ist demnach das entscheidende Kriterium für die Ermittlung des notwendigen Enzymbedarfs. Die Enzymaktivität kann weiterhin von verschiedenen Hemmstoffen und Aktivatoren stark beeinflusst werden. Dies hat in der Weinbereitung die Konsequenz, dass auch die Rahmenbedingungen wie z.B. der pH-Wert und die Temperatur mit berücksichtigt werden müssen, wenn es um die Beurteilung der enzymatischen Aktivität geht. Der Erfolg oder Misserfolg des Enzymeinsatzes hängt demzufolge sehr stark von dem verwendeten Traubenmaterial ab. Der in der Praxis verbreitete pauschale Enzymeinsatz ist daher generell abzulehnen, da Nebenwirkungen wie zum Beispiel Gärprobleme oder sensorische Beeinträchtigungen der Weine nicht auszuschließen sind. Die Ursache für diese Nebenreaktionen beruht unter anderem in der aufwendigen biotechnologischen Produktion der Enzympräparate. Die Enzyme sind relativ kompliziert aufgebaute Eiweißmoleküle (keine Lebewesen!), welche chemisch nicht zu synthetisieren sind. Daher werden Mikroorganismen (Schimmelpilze) auf speziellen Nährmedien gezüchtet. Für den Abbau des Nährsubstrates benötigen diese Mikroorganismen entsprechende Enzyme. Diese werden demzufolge von den Pilzen synthetisiert und können aus dieser Kultur gewonnen werden. Nachteilig ist bei dieser Produktionstechnik, dass es nahezu unmöglich ist einzelne, reine Enzyme zu gewinnen. Es liegen also immer Mischungen aus verschieden Enzymen vor, welche anschließend sehr aufwendig aufbereitet und gereinigt werden müssen. Verbleibende Nebenaktivitäten sind daher technisch unvermeidbar. Dennoch sind „gereinigte“ oenologische Enzyme mittlerweile ein fester Bestandteil in der modernen Weinbereitung. Lange schon ist das Stadium des Hilfsmittels, zur Kelterung oder Vorklärung, bei unreifem bzw. problematischem Lesegut überwunden. Heutzutage sind Enzyme offenbar unverzichtlich um qualitativ hochwertige Weine zu erzeugen. Die Liste der möglichen Einsatzbereiche ist bereits sehr lang und scheint fast täglich länger zu werden:
Diese Wirkungen von oenologischen Enzymen sind unumstritten, dennoch kann vor einem gedankenlosen, pauschalen Einsatz in der Kellerwirtschaft nur gewarnt werden. Denn ebenso wie wirksame Medikamente können auch Enzyme durchaus unerwünschte Nebenwirkungen auslösen. In den allermeisten Fällen wird sich diese Nebenwirkung allerdings auf die sinnlose Vernichtung von Geld und Ressourcen beschränken. Denn allzu oft werden die nicht ganz billigen Enzyme einfach nur unsachgemäß eingesetzt, mit dem Ergebnis dass sie wirkungslos bleiben und allenfalls noch zu einem erhöhten Bentonitbedarf führen. Aber auch Nebenaktivität von Enzymen (z.B. Cinnamlyesteraseaktivität) führen bekanntermaßen zu sensorischen Nachteilen. Bisher wurde dieses Problem sehr einfach mit der Forderung nach einem „reinen“ Enzym abgehandelt. Doch wie rein können Enzyme eigentlich sein, oder umgekehrt nachgefragt welche Restaktivität von Cinnamlyesterase reicht aus um einen Wein sensorisch nachteilig zu verändern. Dies verdeutlicht, dass der Umgang mit Enzymen nicht ganz so einfach ist wie es oft von vielen Praktikern geäußert wird. Denn nur die Grundkenntnis, über den Aufbau von Enzymen, deren Wirkungsweise und die Zusammensetzung des Lesegutes, stellt den maximalen Erfolg bei minimalen Einsatzmengen sicher. Ansonsten kommt es durchaus zu ebenso zufälligen Erfolgen wie Misserfolgen. Zusammenfassend ein Schülerzitat: „Es kommt auf die betrieblichen Voraussetzungen an, ob man Enzyme benötigt oder gar einsetzen muss um Schlimmeres zu verhindern. Wenn wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen ist das kleine Päckchen meist die bessere Alternative. Aber Fakt ist, dass die Natur alles was der Wein braucht mitbringen kann, wenn man sein Handwerk versteht und gute Arbeit leistet. Es muss wohl überlegt sein ob man diese Präparate wirklich braucht. Es ist schnell etwas hineingerührt, aber raus bekommt man es nicht mehr.“ |
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