Drieschenbeseitigung, Schikane oder Notwendigkeit?

Vortag von Herrn Michael Engisch: zur 50. Kreuznacher Wintertagung 2006 von Herrn Michael Engisch, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz

“Wer will mir denn vorschreiben, dass und wie ich meinen Weinberg pflege. Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung wie der Rebschnitt verbunden mit Bodenbewirtschaftung, Laubarbeit, sowie Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen lohnen sich auf diesem Flurstück nicht mehr“.
Augenscheinliche Argumente wie: Ich will meine Wiederbepflanzungsrechte halten, ich kann den Wein nicht mehr kostenneutral verkaufen, der Strukturwandel, der fehlende Betriebsnachfolger oder Pächter haben im Steillagenweinbau, aber auch in Flachlagen zu Produktionseinstellungen und Aufgaben von Ertragsrebflächen geführt. Aufgelassene Weinberge waren und sind die Folge.

Warum müssen Drieschen entfernt werden?
Drieschen stellen ein außerordentliches Gefahrenpotential für Ertragsrebflächen dar. Dies, da Peronospora, Oidium, Roter Brenner, Reblaus und Schwarzfäule ihren Nährboden in den Drieschen finden. Das Auftreten der Schwarzfäule im Jahr 2004 gab Anlass zur Neubewertung des Gefährdungspotentials von Drieschen und nicht bewirtschafteten Rebflächen. Wissenschaftlich durch Phytopathologen erforscht, wurde zweifelsfrei festgestellt, dass jede Driesche ein generelles Gefährdungspotential darstellt und Ursache für die Schwarzfäule, die schwarze Pest im Weinbau ist.

Im Zusatznutzen dient die Beseitigung und Verhinderung von Drieschen auch dem Erhalt des Land­schafts­bildes und der Förderung des Tourismus.

Durchführung der Drieschenbeseitigung
Die Drieschenbeseitigung ist zu unterteilen in ein formelles, verwaltungsrechtliches Verfahren sowie die praxisgerechte Durchführung der Beseitigung.
Ein erstes Anschreiben der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz an den Nutzungs­berecht­igten/Eigen­tümer beinhaltet die Aufforderung zur Wiederbewirtschaftung oder zur ordnungsgemäßen Rodung der Driesche. Hierauf reagieren ca. 50% der Drieschenbesitzer mit der Mitteilung der Wiederbewirtschaftung bzw. Mitteilung, bis wann die Driesche entfernt wird. Erfolgt auf das Erstschreiben keine sachgemäße Antwort, so ist eine rechtsmittelfähige Beseitigungsanordnung mit Androhung der Ersatzvornahme auszusprechen. Erfolgt auf die Beseitigungsanordnung keine Mitteilung, so ist eine Zwangsrodung als Ersatzvornahme einzuleiten.
Die Drieschen sind sehr unterschiedlich in ihrer Entfernungsproblematik zu sehen, da die Wiederbewirtschaftung oder ordnungsgemäße Rodung nicht immer durchführbar ist. Ordnungsgemäß bedeutet generell, dass nachhaltig keine Stockausschläge auftreten. Hier werden die Wurzeln mittels Stockroder oder durch Herausziehen mittels Seilwinde entfernt.
  • Junge Drieschen können wieder bewirtschaftet oder nach einer Minimalbewirtschaftung mit Prämie gerodet werden. Dies ist seit 2004/2005 auch in als Steillagen geförderten Rebanlagen möglich.
  • Ziegen, Schafe und Pferde können Drieschen beweiden. Dies ist jedoch keine Beseitigung, da Stockausschläge wieder zur Driesche hinführen.
  • Sinnvoll und nachhaltig ist eine ordnungsgemäße Rodung per Hand oder mittels vorhandenem Maschinenbesatz bzw. Lohnrodungsunternehmen.
  • Mulcharbeiten und Stockroden im Direktzug ohne Drahtrahmen in einem Arbeitsgang kosten ca. 170,00 €/Std. Die Leistung beträgt hierbei 2.000-3.000 qm/Std., sofern Hin- und Rückfahrt gegeben sind. Bei einseitigem Fahren ist eine entsprechend geringere Flächenleistung möglich.
  • Das reine Stockroden kostet ca. 70,00 €/Std. Die Flächenleistung kann hier im Direktzug bis zu
  • 2,5 ha/Std. betragen.
  • Das Fräsen kostet ca. 0,08 €/qm.
  • Lohnunternehmer fahren jedoch auch auf Flächenleistung. So kostet beispielsweise das Mulchen oder Spaten/Fräsen oder Roden ca. 4,20 €/100 qm.
  • Eine Rodung von Seilzugflächen mit vollständiger Entfernung von Drahtrahmen und Rebstöcken kostet ca. 0,60 €/qm. Die ordnungsgemäße Rodung kann bis zu 1,00 € kosten, wenn Dornen und Hecken vorhanden sind. Die Fläche wird hierbei völlig geräumt. Die Kosten richten sich nach dem Arbeitsbedarf.
  • Raupenschlepper für Hangneigungen bis ca. 60% kosten im Tagessatz ca. 1.700 €. Der Forstmulcher kann maximal 5 Drähte mitmulchen. Dies, sofern die alte Unterstützungsvorrichtung nicht mehr entfernt werden kann. Die Leistung des Forstmulchers beträgt ca. 1.400 qm/Std. bei einer Zeilenbreite von 1,30 m. Die An- bzw. Abfahrt ist entweder im Stunden-/Tagessatz enthalten oder gemäß Vereinbarung berechnet.

Die konsequente Umsetzung der Drieschenverordnung unter Mithilfe des Bauern- und Winzerverbandes, des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück sowie der Bürgermeister stellt an der Nahe einen großen Durchbruch dar. Auf Einladung des Bauern- und Winzerverbandes führten gemeinsame Veranstaltungen in Drieschen-Schwerpunkt-Gemeinden zu beachtlichem Verständnis und hoher Akzeptanz für die Maßnahme. Der Berufsstand zeigte Flagge, zeigte eine beeindruckende Einigkeit.


An der Nahe wurden 76,6 ha oder 519 Drieschenflurstücke im Rahmen der Flächenkontrolle erfasst. Derzeit sind noch 6,1 ha bzw. 56 Flurstücke abschließend zu bearbeiten. Um dies für den Berufsstand zu erreichen waren 758 Schreiben, 120 Beseitigungsanordnungen und 69 Ersatzvornahmen notwendig.
Im Vergleich der rheinland-pfälzischen Anbaugebiete nimmt die Nahe mit 90% beseitigter Drieschen die Spitzenrolle ein. In den übrigen Anbaugebieten liegt die Beseitigung zwischen 32% und 60%. Das Anbaugebiet Ahr ist frei von Drieschen.

Die intensive Verfolgung der Drieschenbeseitigung mit und für den Berufsstand zeigt jetzt schon einen beachtlichen Erfolg, der auch von der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen wird. Im Interesse des Berufsstandes wird an der Beseitigung weiter gearbeitet. Als neue Zielsetzung ist die dauerhafte Vermeidung von Drieschen zu sehen.

Abschließend ist auf die Folgenutzung von Drieschflächen hinzuweisen.
Eine Folgenutzung auf einer Drieschfläche mit Drahtrahmen, Dornen-, Hecken- und beginnendem Baumbewuchs ist praktisch nicht möglich. Die Fläche ist als wertlos anzusehen.
Eine geräumte Fläche erhält ihren Wert. Sie kann selbst weiter genutzt, verpachtet oder verkauft werden. Auf den Flächen kann wieder ein Rebanbau, Streuobstwiese, Landwirtschaft, Beweidung, Weihnachtsbaumpflanzung oder eine Aufforstung stattfinden. Auch werden solche Flächen von den Kommunen als Ausgleichsfläche gesucht.


    www.DLR-RNH.rlp.de