Neuere Entwicklungen in der Filtrationstechnologie

NEUERE ENTWICKLUNGEN IN DER FILTRATIONSTECHNOLOGIE
Dipl. Oen. Ulrich Hamm, Teil 1, Dr. Dietrich Marbé-Sans, Teil 2,
DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück

Teil 1:

Tiefenfilterschichten

Tiefenfilterschichten erfreuen sich nach wie vor einem großen Bekanntheitsgrad und größter Beliebtheit, insbesondere bei kleineren und mittleren Weinbaubetrieben, sowie bei vielen Lohnabfüllern. Im Bereich der Klär- und Feinfiltration sind Filtergestelle im Einsatz, die sich schon seit Jahrzehnten bewährt haben und nach wie vor gerne verwendet werden. Oft ist auch schon das schiere vorhanden sein eines Filtergestells der Grund für die Verwendung von Filterschichten. Hinzu kommt, dass die Schichtenfiltration eine sehr flexible Anpassung der Klärschärfe an schwankende Filtrationsbedingungen ermöglicht.

Neben der Siebwirkung beruht die Filtrationswirkung von Tiefenfilterschichten in erster Linie auf der großen inneren Oberfläche (80 % Hohlraumvolumen). Durch die innere Vernetzung („drei-dimensionales Labyrinth“) verfangen sich Trubpartikel im Inneren des Filtermittels und werden dadurch abgetrennt. Tiefenfilterschichten haben daher ein hohes Trubaufnahmevermögen, eine 100 % sichere Trennung einer bestimmten Größe erfolgt aber nicht. Ein weiterer Effekt ist das durch die Anströmung entstehende elektrokinetische Potential (Zeta-Potential), welches zu einer weiteren Bindung von Kolloiden und Mikroorganismen in den Filterschichten führt. Daher ist auf einen möglichst gleichmäßigen Durchfluss des Filtrates und die Einhaltung der maximalen Druckdifferenz von 3 bar (EK-Schichten 1,5 bar) zu achten, um nicht unnötig hohe Gehalte an Trubstoffen oder Keimen durchschlagen zu lassen.

Mineralfreie Celluloseschichten (Becopad)

Grundsätzlich ist der Schichtenfilter ein offenes System, bei dem das Filtermedium ständig im Kontakt mit unsteriler Außenluft steht. Im Normalfall werden nach Beendigung der Filtration, die Filterschichten entsorgt, obwohl sie noch nicht vollständig ausgenutzt wurden. Selten werden sie mit Wasser regeneriert (Rückspülung), was die Verblockungen meist gut entfernt und die Standzeit der Filterschichten erheblich erhöht. Diese Regeneration bewirkt zwar das Reinigen der Filterschicht im Inneren, jedoch ist der Filter außen durch austropfendes Produkt verschmutzt, was einen idealen Nährboden für Mikroorganismen aller Art, insbesondere Schimmel darstellt. Dadurch ist die Standzeit einer Filterschicht im Weinbau, bezogen auf die gute fachliche Praxis, auf unter eine Arbeitswoche beschränkt.

Diese Problematik wurde durch die Firma Begerow aufgegriffen. Durch die seit 2008 am Markt befindlichen mineralfreien Becopad-Schichten wurde Folgendes erreicht:
  • Verbesserung des Abdichtverhaltens zur Minimierung der Tropfverluste des „offenen Systems“
  • Reduzierung der Spülzeiten verbunden mit einer Wasserersparnis
  • geringere Farbverluste
  • gute Keimrückhalterate

Dies ermöglicht die Umsetzung von höheren hygienischen Ansprüchen bei der Nutzung der vorhandenen Filtergestelle. Durch die reduzierten Abtropfverluste und die mehrfach mögliche Dampfsterilisation ist eine kontinuierliche Filtration über einen begrenzten Zeitraum hinweg zwar möglich, aber die Verkeimung von außen, v.a. bei Filtrationsunterbrechungen ist jedoch nicht ausgeschlossen. Im Lebensmittelbereich werden wir aber mit stetig wachsenden Hygieneanforderungen konfrontiert, die den Einsatz eines offenen Filtrationssystems immer mehr in Frage stellen. Hier sind vor allem IFS, ISO 9001 und HACCP zu nennen, deren Anforderungen zukünftig die offenen Systeme verbieten könnten.

Geschlossene Filtergehäuse

Wer nicht auf die Schichtenfiltration verzichten will oder kann, sollte sich Gedanken über den Einsatz von Filterschichten im geschlossenen System machen. Hierbei ist die Umsetzung der Vorgaben von Zertifizierungsseite generell durchführbar.

Beim geschlossenen System befinden sich die Filterschichten im Inneren eines Filtergehäuses, was grundsätzlich mit einem offenen Schichtenfilter in einem Reinraum vergleichbar ist. Diese Art des geschlossenen Systems würde aber etwas zu viel Platz verbrauchen, weshalb man die Filterschichten hier in einem Modul anordnet, das sich prinzipiell mit dem Schichtenpaket eines offenen Schichtenfiltersystems vergleichen lässt. Der große Vorteil eines Modulfilters ist die Verlängerung der Standzeit, da man die Module nach Gebrauch reinigen und dämpfen kann und unter Druck im Gehäuse belässt, wo sie vor Mikroorganismen geschützt sind. Auch können die Module nach der Reinigung ausgebaut werden und in ca. 0,5 % Schwefelwasser konserviert werden, was den Wechsel mehrerer Klärschärfen in einem Gehäuse möglich macht.

Des Weiteren werden mittlerweile auch Kombinationsmodule angeboten, welche es wie mit einer Umlenkplatte, ermöglichen zwei Klärschärfen in einem Filtrationsschritt durchzuführen.

Fazit

Die Schichtenfiltration ist in der Weinbereitung auch nach über hundert Jahren noch aktuell. Daran ändert auch der Einsatz von Aschschwemmfiltration, Cross-Flow-Filtern und Membranfiltern nichts. Im Gegenteil durch die hohe Flexibilität und einfache Handhabung lässt sich die Tiefenfiltration in idealer Weise in unterschiedlichste Filtrationskonzepte integrieren. Das hohe Trubaufnahmevermögen bzw. die starke Kolloidrückhalterate macht sie zu sehr effektiven und produktschonenden Vorfiltern. Neuere Entwicklungen wie die mineralfreien Celluloseschichten verbessern die Filtrationseigenschaften und Standzeiten in den vorhandenen Filtergestellen. Geschlossene Filtergehäuse entsprechen den höchsten hygienischen Ansprüchen und sind auf Grund der längeren Standzeiten auch ökonomisch sinnvoll. Die neuen rückspülbaren und mehrfach dämpfbaren Module machen diese Filtrationstechnologie vor allem auch für kleine und mittlere Betriebe interessant welche keine längeren Filtrationsperioden oder häufigen Produktwechsel haben. Hinzu kommt hierbei auch der deutlich geringere Platzbedarf der Modulfilter – ein weiterer Vorteil dieser Filtersysteme, nicht nur für Lohnfüller.

Teil 2:

Cross-Flow-Filtration

Die Erfahrung mit der Cross-Flow-Filtration (CFF) von Wein reichen zurück bis Ende der 1980er Jahre. Nach anfänglich großer Begeisterung für die CFF wurde diese später eher kritisch im Hinblick auf die Weinqualität betrachtet. Mittlerweile ist die technologische Entwicklung der Membranen weiter fortgeschritten, so dass CFF-Anlagen modernster Bauart nicht mehr mit den Filtern der ersten Generation verglichen werden können.

Prinzip der Cross-Flow-Filtration

Im Gegensatz zu statischen Filtration (Dead-End-Filtration) ist die CFF eine dynamische Filtration. Mit Hilfe einer Umwälzpumpe wird das unfiltrierte Produkt solange durch die Kapillaren einer Membran zirkuliert, bis das Filtrat nahezu vollständig abgetrennt ist und die Trubstoffe im Rententat so konzentriert sind, dass eine Rückspülung bzw. Zwischenreinigung erforderlich wird. Im Weinbereich handelt es sich aufgrund der spezifischen Größe weinschädlicher Mikroorganismen (Hefen, Bakterien, Schimmelpilze) in der Regel um sogenannte Mikrofiltrationssysteme. Die Porengröße der Kapillarmembranen beträgt dabei ca. 0,2 μm bei einem Innendurchmesser von ca. 1,5 mm. Etwa 1.000 Kapillaren werden in einer Hülse aus Kunststoff oder rostfreiem Stahl zusammengefasst. Letzteres wird als „Modul“ bezeichnet. Durch Cross-Flow-Mikrofiltration können
Weine mit relativ hohen Trübungsgehalten in einem einzigen Prozessschritt auf einen Klärgrad vergleichbar mit Entkeimungsschichten (EK) filtriert werden. Hauptaufgabe der CFF in der Kellerwirtschaft ist die Filtration von Jungweinen nach dem ersten Abstich. Um einen solchen Kläreffekt zu erreichen, muss eine Querströmung von etwa 2,5 bis 3 m/sec an der Membran angelegt werden, um ein Verblocken durch Ablagern von Trubpartikeln zu verhindern. Die dafür benötigte Umwälzpumpe ist so ausgelegt, dass sie große Volumina bei niedrigem Druck bewegt. Eine zweite Pumpe (Speisepumpe) sorgt dann für den notwendigen Transmembrandruck. Ein solches auch bei der Umkehr-Osmose eingesetztes Zwei-Pumpen-System reduziert den Energieeintrag in das Produkt und bewirkt eine geringe Produkterwärmung. Das geschlossene System verhindert Aroma- und CO2-Verluste und vermeidet die Aufnahme von Sauerstoff.

Ergebnisse

In Form eines Verfahrensvergleichs wurden verschiedene Weine mittels CFF und Kieselgur filtriert. Die chemischen Analysen zeigten keine Unterschiede. Mittels verschiedener sensorischer Tests wurden die Weine aus CFF und Kieselgur miteinander verglichen. Dabei zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Varianten. Die Verkostungen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten wiederholt.

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